Die Mitglieder der Flughafenkonfe­renz haben letzte Woche verschiedene Entscheide gefällt, welche für die Zukunft des Flughafens in Samedan wegweisend sind. Sie haben sich dafür ausgesprochen, dass im Juni 2025 ein neues Botschaftsprojekt zur Abstim­mung aufgelegt wird. Sie haben entschieden, dass die Zukunft des Heliports ebenfalls zur Abstimmung kommt, separat und damit losgelöst vom eigentlichen Flughafenprojekt. Und sie wollen die Frage der Organhaftung mittels eines Rechtsgutach­tens abklären lassen.

Es sind wegweisende Entscheide. Sind sie aber auch gut? Ganz klar Ja im Fall des Neubaus des Heliports für die Rega, die Heli Bernina und Swiss Helicopter. Dass eine funktionierende Luftrettung in einem touristischen Berggebiet von allerhöchster Bedeutung ist, ist ebenso unbestritten wie der Fakt, dass die Rega aufgrund der schweiz­weiten Flottenerneuerung zwingend und bis spätestens Ende 2026 auf eine neue Infrastruktur angewiesen ist.

Wieder Geld für Rechtsgutachten
Nicht nachvollziehbar ist hingegen, dass die Frage der Organhaftung noch einmal juristisch geklärt wird. Rechtsanwalt Stefan Wehrenberg ist bereits bei der Präsentation seines Berichtes zur Projektevaluation 2017–2022 zum Schluss gekommen, dass juristisch nichts zu machen ist, weil, trotz offensichtlicher Fehler der Verantwortlichen, weder grobfahrlässiges, vorsätzliches Handeln noch ein Kausalzusammenhang zum verur­sach­ten Schaden geltend gemacht werden können. Eine Einschätzung, welche eine Staats- und Verwaltungsrechtsexpertin in einem Interview mit dieser Zeitung teilte. «Es bleibt nichts anderes übrig, als die Faust im Sack zu machen», sagte sie. Die Flughafenkonferenz sieht das offenbar anders und ist bereit, weiteres Geld für ein Rechtsgutachten auszugeben.

Wie aber ist der Entscheid zu werten, rasch mit der Planung des Flughafenprojektes fortzufahren, um in weniger als einem Jahr über einen neuen Baukredit abstimmen zu können? Klar, die Zeit drängt, die Flug­hafen-Infra­struk­tur ist veraltet und gibt ein Bild ab, welches dem Claim «Top of the World» in keiner Art und Weise zu genügen vermag. Trotzdem: Es sind noch etliche wichtige Fragen offen, die geklärt werden müssen. Beispielsweise die, ob es tatsächlich die öffentliche Hand sein soll, die die Investitionskosten und später die Betriebskosten vollumfänglich zu tragen hat.

Zwar hat die Verwaltungskommission Infra (VK Infra) mit der Erarbei­tung eines neuen Botschaftsprojektes auch den Auftrag gefasst, die Übertragung von Aufgaben der Infra an Private zu prüfen. Doch dieses Thema ist zu wichtig und zu heikel, ohne darüber nicht eine vertiefte Diskussion zu führen. Selbst wenn sich der Termin der Abstimmung verzögern könnte.

Die fehlende Diskussion
Ganz generell hat dem neutralen Beobachter der Sitzung die Diskussion unter den Mitgliedern der Flughafenkonferenz am vergangenen Donnerstag gefehlt. Die Möglichkeit einer Privatisierung, die Frage der erneuten Abklä­rung der Organhaftung aber auch die kritischen und durchaus fundiert vorgetragenen Bemerkungen des Kontrollorgans hätten Gelegenheit dazu geboten. Mit fast schon demonstrativ zur Schau gestellter Geschlossenheit wurden die Anträge von den Gemeindevertretern durchge­wunken. Als ob sie im Vorfeld abgesprochen worden wären. Das ist nicht verboten, erschwert es Aussenste­henden aber, den wichtigen Meinungsbildungsprozess nachvollzie­hen zu können.

Geeignete Strukturen?
Eine Frage, die mindestens mittelfristig diskutiert werden muss, ist die, ob die gewählten Strukturen für so komplexe Aufgabenerfüllungen geeignet sind. Die Strukturen stimmen und die Organe können damit arbeiten, wenn sie ihre Aufgaben wahrnehmen würden, war an der Sitzung zu hören. Nur, können sie das überhaupt? Dass die VK Infra, also das geschäftsführende Organ, bei einem solchen Projekt personell unterdotiert war und es immer noch ist, ist unbestritten. Und dass vielen Mitglie­dern der Flughafenkonferenz neben dem Wissen schlicht und einfach die Zeit fehlt, um sich vertieft in die Materie einarbeiten zu können, scheint ebenso offensichtlich. Sie sind und bleiben in erster Linie Vertreterinnen und Vertreter ihrer Gemeinden mit einer Fülle von kommunalen Aufgaben. Zugleich sind sie Mitglieder des obersten Organs über den Flughafen und oft auch noch Mitglied des Stiftungsrates der Gesundheitsversorgung Oberengadin (SOG). Überall haben sie die wesentlichen Entscheide zu treffen. Ein schwieriger Spagat. Eine Fusion der Oberengadiner Gemeinden und damit eine Professionalisierung der Strukturen wäre darum der richtige Weg. 

Wichtige Weichenstellungen 
Die Flughafenkonferenz hat vergan­gene Woche wichtige Weichenstellungen vorgenommen. Und die Sitzung hat zumindest den Eindruck vermittelt, dass zwischen den verantwortlichen Organen nun eine Zusammenarbeit besteht mit dem gemeinsamen Ziel, dieses Projekt zum Fliegen zu bringen. Ob das gelingt, wird sich erst noch zeigen müssen. Für eine Antwort sind heute noch zu viele Fragen offen.

Autor: Reto Stifel