«Haben Sie Sonnencreme dabei? Die Sonne brennt hier richtig runter. Wir sind immerhin auf 2 100 Meter.» Christof Oertli, Leiter der Hydro-Abteilung des Wasserkraftwerkes, ist besorgt um das Wohlergehen der Baustellenbesucher der Photovoltaikanlage auf der Albigna-Staumauer. Ein Sonnenbrand mag zwar gefährlich sein, ist doch aber die Sonnenkraft, vor der Oertli warnt, ein Leistungsgarant für die höchstgelegene Photovoltaikanlage der Schweiz.

Beeindruckende Testdaten
Erste Ideen zur Nutzung der Staumauer als Solarkraftanlage kamen bereits im Jahr 2006 auf. Nach Realisierung der Machbarkeitsstudie und dem Bau einer ersten Versuchsanlage ging im Mai 2018 die Pilottestanlage vor Ort in Betrieb. Daniel Bürgler, ewz-Projektleiter im Bereich erneuerbare Energien, erklärt, dass die Testresultate über den Erwartungen der Beteiligten lagen, der Stromertrag habe die Prognosen um zehn Prozent übertroffen. Ausserdem zeigte sich, dass die Solarmodule an jedem Tag des Jahres Strom lieferten, davon wurde die Hälfte des Gesamtertrages im Winter gewonnen. Das liege unter anderem daran, dass die Solarmodule auf die Südseite in Richtung See ausgerichtet sind. Die Reflexion des Lichts auf dem See und die im Winter aufliegende Schneedecke führe zur Verstärkung der Sonnenkraft. Nach der Datenauswertung erfolgte im Oktober 2019 das Baugesuch. Da es keine Einsprachen gab, sei die Baugenehmigung schnell über die Bühne gegangen: Im April wurde das finale Go von den Behörden erteilt. Ende Juni starteten daraufhin die Bauarbeiten. Ende August wird die Verkabelung der Module beendet sein, und die Anlage werde wie geplant Anfang September Strom liefern.

Rasanter Baufortschritt
Bürgler bestätigt, dass die Installation der 1280 Module rasant voranging. Das liege unter anderem daran, dass die Netzinfrastruktur bereits gegeben war und keine baulichen Ergänzungen auf der Staumauer vonnöten waren. Zudem wurden die Installationsarbeiten grösstenteils von ezw-Mitarbeitern aus dem Bergell durchgeführt, die bereits den Bau der Pilotanlage initiiert haben. Auch Bauleiter Willi Roganti ist zufrieden mit dem Baufortschritt: «Über sechs Wochen waren im Schnitt sechs Bauarbeiter auf der Staumauer. Für uns war es natürlich spannend, da wir hier im Bergell auf Hydrokraft spezialisiert sind. Der Bau der Solaranlage war ein neues Erfahrungsfeld für uns.»
Auch Hürden galt es zu überwinden: Für die Montagearbeiten wurde eine Hebebühnenvorrichtung mit der Seilbahn auf die Staumauer transportiert. Dafür wurde die Personengondel ausgehängt und das Gerät an die Seilbahn angehängt. Auch die ungleichmässig hohe Staumauer galt es bei der Planung zu berücksichtigen: Die PV-Modulreihen mussten an die variierenden Höhen der Mauer angepasst werden, da bereits wenige Zentimeter Höhendifferenz die Modulmontage beeinflussten. Das zweireihige Solarmodulsystem erzeugt auf einer Länge von 670 Metern rund 500 Megawattstunden Strom pro Jahr. Die PV-Module haben eine Lebensdauer von 25 Jahren. Insgesamt wurden 6000 Meter Kabel verlegt, welche den erzeugten Strom in das Starkstromnetz einspeisen.

Leuchtturmprojekt
Zwar generiert das Wasserkraftwerk im Vergleich tausend Mal mehr Strom, aber dennoch sieht die ewz die Albigna-Solaranlage als Leuchtturm-Projekt, das den Energiekonzernen den Weg in Richtung umweltfreundlicher Naturstromerzeugung aufzeigen soll.

Foto und Text: Denise Kley