Stopp, bevor Sie nun die Hände verwerfen und die Zeitung beiseite legen – ich hatte mir geschworen, in Anbetracht dessen, was da gerade überall abgeht, an dieser Stelle kein Wort mehr über Masken zu verlieren. Ehrlich und wahr.
Weshalb ich es trotzdem tue, ist ursprünglich den katholischen Iren und ihrem Halloweenfest geschuldet. Nicht, dass mich der Volksbrauch zum Übergang auf Allerheiligen am 1. November an sich stören würde, natürlich nicht, nur passt mir die unsäglich verkommerzialisierte Neufassung nicht, und noch weniger, dass der Brauch nun auch hierzulande immer mehr zum «Festtagskalender» wie dazugehört. Am heutigen Samstag kommt mir vielleicht entgegen, dass sich Spassvögel und Ulknudeln vor dem Verkleiden möglicherweise überlegen, wie sinnvoll maskierte Hausbesuche aktuell gerade sind?
Apropos maskierte Hausbesuche: Kürzlich klingelte es an meiner Haustüre. Vor mir steht ein zivil gekleideter Mann, natürlich mit Maske und sagt: «Grüezi, ich komme, um die Stromzähler abzulesen.» Ein jährlich wiederkehrender Moment, eine Art Brauch, der im Gegensatz zu Halloween zwar bedeutend teurer ausfällt, aber das Verursacherprinzip hochhält und deshalb ja durchaus Sinn macht. Der Mitarbeiter der Unterengadiner Energieunternehmung scheint neu zu sein, auf jeden Fall erkenne ich ihn trotz Augenkontakt nicht. Ich zeige ihm den Zählerkasten, er tippt die aktuellen Daten in sein Smartphone und weg ist er. Erst als die Haustüre wieder ins Schloss fällt, halte ich kurz inne und überlege: «So weit bin ich also schon in der neuen Realität verfangen, dass ich aus lauter Gewohnheit und wohl auch naiv bis über beide Ohren einfach so einen maskierten Unbekannten ins Haus lasse und ihn nicht mal frage, wer er ist und ob er sich ausweisen kann?» Schöne neue Welt. Immerhin hat er mich durch die Maske murmelnd nicht nach «Süssem oder Saurem» gefragt.
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