Die 30 Jahre lang als Primarlehrerin an der Gemeindeschule St. Moritz tätige Sabine Wyss hat das Engadin in jungen Jahren während einem Jugendsinglager im Hotel Laudinella in St. Moritz – das Singen gehört zu ihren Lieblingshobbys – kennengelernt. «Nach über zehn Jahren Berufstätigkeit im Unterland entschied ich mich, für eine einjährige Auszeit wieder ins Engadin zu gehen. Später wurde ich an die Gemeindeschule in St. Moritz gewählt, und damit erfüllte sich mein Wunsch, hier wohnen zu können», erinnert sich die 65-Jährige, die seit einem Jahr pensioniert ist.

Die in Zuoz wohnhafte Wyss lebt sehr gerne im Engadin. «Die Natur, die Landschaft und meine Arbeit an der Schule, die sozialen Kontakte – ich fühle mich hier zu Hause und spreche auch gerne die romanische Sprache.» Sie ist oft draussen, sei es beim Wandern, Langlaufen, Skifahren oder «sanften» Biken, wie sie es selber nennt. Dementsprechend würde sie das Engadin mit den drei Begriffen «Heimat, landschaftliches Juwel, wunderschönes Erholungsgebiet» beschreiben. Und sie wünscht sich, dass sich jeder stets bewusst ist, dass diese Landschaft das höchste Gut ist, «speziell für uns als Tourismusregion, denn wir haben diesbezüglich auch eine Verantwortung gegenüber künftigen Generationen.»

In den letzten 31 Jahren, seit sie hier lebt, ist ihr aufgefallen, dass die Zwischensaison «gefühlt» weggefallen ist. «Ich erinnere mich an den Mai, als es im Tal leer und still war, mit Ausnahme der Baustellen. Und im Oktober/November stieg der Duft der Gülle in die Nase, und fast nur das Militär bevölkerte das Tal.» Ausserdem hat sich aus ihrer Sicht das Dorfleben stark verändert. «Ich denke an Vereine, Stammtische, an die abnehmende Anzahl und Vielfalt der Läden in den Dörfern.» Andererseits freut sie sich, dass die romanische Sprache wieder präsenter ist. «Das Bewusstsein für den Wert dieser Sprache und der dazu- gehörenden Kultur ist nach meinem Empfinden grösser als vor 30 Jahren.»

Autorin: Mirjam Spierer-Bruder