14.03.2017 Carla Sabato 3 min
Tunnelblicke auf die Strasse führen manchmal zu einer Häufung von weissen Autos. Foto: Carla Sabato

Tunnelblicke auf die Strasse führen manchmal zu einer Häufung von weissen Autos. Foto: Carla Sabato

…dann befindet man sich höchst wahrscheinlich in der Schweiz. Dass ich mich gerade in diesem Land befinde, ist mir erst vor kurzem so richtig klar geworden, als Zeit für die Grüngutabfuhr war. Neben all den normentsprechenden schwarzen Containern stellte unsere Wohngemeinschaft einen Plastikkübel mit Ästen zur Abfuhr hin. Resultat war ein giftoranger Aufkleber auf besagtem Kübel: «Der bereitgestellte Abfall wurde aus folgendem Grund nicht abgeführt: Kompostierbare Abfälle dürfen nicht in Säcken bereitgestellt werden». Na sowas aber auch. Da hatte der allgemeine Bünzlimeister wohl die Definition für «Sack» geändert, ohne mir davon etwas zu erzählen. Spannend waren übrigens auch die anderen Möglichkeiten auf diesem Aufkleber, weshalb der Abfall nicht mitgenommen werden konnte:  Der Abfall ist gepresst. (Ups, darf man auf den Abfall nicht mehr draufstehen, um mehr in die Tonne zu bekommen?)
Der Behälter entspricht nicht der Norm. (Ach so, darf wohl nur bestimmte Farben und Muster haben)
Überfüllter Container. (Wohl auch Norm. Jeder Schweizer darf pro Jahr nur eine bestimmte Anzahl Kubikmeter aus seinem Garten entsorgen. Pflanzen, bleibt so klein wie möglich!)
Behälter/Container ist zu schwer. (Erwischt! Da hat jemand zu wenig Spinat gegessen.)
Das Material ist im Behälter angefroren. (Bedeutet das, man muss morgens den Abfall anföhnen, bis die Abfuhr kommt?) Entschuldigen Sie den mokierenden Ton, alles braucht schliesslich seine Regeln, sonst würde man ja nirgends hinkommen.
Ähnlich zwanghaftes Verhalten konnte ich erschreckenderweise auch bei mir selbst ausmachen. Sie wissen ja, dass ich mittlerweile eine neue Bleibe habe. Und wer eine neue Bleibe hat, muss bekanntlich auch zügeln. Und packen. Nur blöd, dass sich entgegen meiner Vorsätze so viel Zeug angehäuft hat, das unbedingt mitkommen möchte. Resultat: ein grösseres Auto musste her, um die ganze Schwetti in einer Fahrt nach Zürich zu bekommen. Also ein Auto reserviert. Leider gab es kein Foto, nur eine Beschreibung der Fahrzeugmarke, die ich also panisch googelte. Mit verschiedenen Resultaten, von sehr gross bis annehmbar. Welches Auto würde ich nun bekommen? Was ist, wenn mich Leute damit sehen? Was würden die neuen Nachbarn, ja die Mitbewohner sagen, wenn ich mit einem riesigen Lastwagen anfahren würde? Macht das nicht einen Eindruck, der nach Messie riecht? Ist sowas nicht voll peinlich?  Passend zu diesen Gedanken scheinen seither auf den Strassen plötzlich nur noch weisse Zügel- und Lieferwagen zu fahren. Überall. Egal ob ich selbst Auto fahre, aus dem Zug auf eine Autobahn schaue oder eine Strasse zu Fuss überquere: Als Erstes sehe ich immer weisse Lieferwagen.
Schrecklich. Meinen Sie, sowas geht wieder weg? Für den Fall der Fälle, dass ich nun für immer Lieferwagen beobachten muss, und am Zügeltag tatsächlich einen Lastwagen erhalte, hätte ich da einen Plan. Lastwagenfahrer haben doch oft solche Nummernschilder an der Windschutzscheibe der Fahrerkabine kleben. Statt Zahlen stehen darauf Namen wie: «Besche», «Ändu», oder «Schnuderi». Ich könnte mir ja vorsorglich auch so eins besorgen, für den Fall, dass ich tatsächlich in Zukunft mit Lastwagen unterwegs sein würde. Nur mit welcher Aufschrift?  «Engadinerin?» (schön wärs, ja.) «Dilettantin»? Oder vielleicht einfach: «Schweizerin».  

Carla Sabato

Carla Sabato ist Studentin, ehemalige Praktikantin bei der Engadiner Post, Hobbyfotografin (liebend gerne in der Dunkelkammer), stolze Vegetarierin, Yoga-Praktizierende, Verfechterin gemässigter Klimazonen, Frühaufsteherin, Hundehalterin, Pragmatikerin, schwarze Rollkragenpullover Trägerin, Teilzeit Existentialistin, Raus-aber-richtig-Frau, schlechte Autolenkerin und Möchtegern-Vancouverite.