15.01.2017 Carla Sabato 3 min
Bild: Carla Sabato

Bild: Carla Sabato

 Das mit der WG Zimmer-Suche in Zürich ist so eine Sache. Die Wahrscheinlichkeit, eine passende Wohnung zu finden ist ungefähr so hoch, wie Temperaturen über 0 Grad im Engadin. Sie ist gekennzeichnet durch die Übermacht an Nachfragen, im Gegensatz zu Angeboten. Nicht selten habe ich anstatt einer Einladung zu einer Wohnungsbesichtigung ein leicht panisches Email erhalten, in welchem sich die WG-Besitzer über die Hülle und Fülle an Bewerbungsemails beklagten. Aus einer solchen Krisensituation entsteht allerhand Absurdes: Von Leuten, die die Marktlücke entdecken, und ihr eigenes Zimmer für 500 Franken pro Monat zur gemeinsamen Benutzung anbieten, oder WGs, die Hindernisläufe oder Gruppencastings für potentielle Mitbewohner veranstalten. Ich selbst war bereits auf einigen dieser Events unterwegs: In Wohnungen mit Flüchtlingen aus Eritrea, Mitbewohnern die nur per Skype anwesend waren, oder in WGs voller Lästereien über ehemalige Mitbewohner. Aus den Socken gehauen hat mich aber erst die Besichtigung in einer rauchenden WG.  Rauchend - in jedem Sinne übrigens. Sie werden gleich sehen.  Also, als erstes schlug mir der Geruch - eine Mischung aus Zigarettenrauch, was Grünem (Sie wissen was ich meine) und Räucherstäbchen - entgegen. Dann erhielt ich ein Glas Boiler-warmes Wasser, wurde von einer Frau mit kupferfarbenen Haaren mit leicht träumerischen Bewegungen durch die diversen Zimmer (mit integrierten Aschenbechern), das historische Bad und anschliessend in die schmale Küche geführt. Nach dem Motto: man sitze wo man kann. In meinem Fall auf dem Gasherd. Denn langsam trudelten ungefähr 15 weitere Bewerber mitsamt Partnern, sowie ehemalige Bewohner dieser Wohnung herein, während aus Mini Boxen auf dem 60er Jahre Buffet seltsame sphärische Musik dudelte. Bewohnt wurde die WG zurzeit von Kunst und Musikstudenten aller Art, welche man aber aus der Flut von Menschen in der Küche unmöglich ausmachen konnte. Eine Flasche Wein wurde geöffnet und eine Schale mit undefinierbaren Nüssen herumgereicht. Irgendwann zerstreuten sich die Besucher in der Wohnung oder kletterten auf die crazy Dachterasse, die Wortfetzen schwirrten hoch und höher…. und setzten sich in Gesprächen über Osteuropa, Nahost und fremden Sprachen mit anderen Alphabeten wieder zusammen. Willkommen in der Zürcher Subkultur.  Als ich die Wohnung circa 3 Stunden später mit streng riechenden Kleidern und guter Laune verliess, fiel mir wieder ein weshalb ich ursprünglich hierhergekommen war - jedenfalls nicht für konspirative Gespräche. Irgendwann erhielt ich eine Email mit folgendem Text: "Du hast das WG Zimmer, das wird so toll!" All die Monate davor hatte ich mir ausgemalt, welch freudiges Ereignis es sein würde, endlich eine Zusicherung für einen WG Platz in der Hand zu halten. Doch anstatt mich zu freuen, dass ich aus ungefähr 30 Bewerbern (das erfuhren wir im Laufe des Abends) ausgesucht wurde, beschäftigte mich etwas ganz anderes. Was sagte diese Zusage über meine Person aus? Eingeschätzt hätte ich mich als optimale Mitbewohnerin einer sauberen WG mit PH-Studentinnen - nicht als Mitbehauserin einer Kunst WG. Seltsam. Obs an den selbstgelismeten Wollsocken lag?

Carla Sabato

Carla Sabato ist Studentin, ehemalige Praktikantin bei der Engadiner Post, Hobbyfotografin (liebend gerne in der Dunkelkammer), stolze Vegetarierin, Yoga-Praktizierende, Verfechterin gemässigter Klimazonen, Frühaufsteherin, Hundehalterin, Pragmatikerin, schwarze Rollkragenpullover Trägerin, Teilzeit Existentialistin, Raus-aber-richtig-Frau, schlechte Autolenkerin und Möchtegern-Vancouverite.