14.05.2023 PS 1 min
Die kulturellen Besonderheiten des Engadins verlangen zuweilen viel Fingerspitzengefühl. Foto: Shutterstock/Sklo Studio

Die kulturellen Besonderheiten des Engadins verlangen zuweilen viel Fingerspitzengefühl. Foto: Shutterstock/Sklo Studio

Während Unterländer Eltern ihre Kinder meist mit einem Vornamen beglücken, der im Kreis der Familie und später der Schule mehrere Bearbeitungen erfährt, tendenziell zu Ungunsten des Gerufenen, sind singuläre Vornamen im Engadin gerade bei Männern eine Seltenheit. Ein Redaktionskollege klärte mich darüber auf, dass in einer Unterengadiner Gemeinde ein so strenges Namensregime geherrscht habe, das dazu führte, dass jeder zweite Bub Chasper genannt wurde. Und da es halt so viele Chaspers gab, brauchten die einen zweiten Vornamen, um sie zu unterscheiden.

Für die Unterländerin bergen die Doppelnamen Fettnäpfchen. Es kommt zuweilen vor, dass ein Jachen Andri mit «Jachen Andri» einen Anruf entgegennimmt, was mir einen Schweissausbruch beschert, da ich in Sekundenschnelle abzuwägen versuche, ob Andri nun der zweite Vorname oder der Nachname ist. Viele Doppelnamen sind nur als Doppelnamen in Gebrauch, was weniger vom Namen, sondern vom Träger abzuhängen scheint. Jon Martin gibt es nur als Jon Martin. Auch Jon Duri heisst immer Jon Duri. Jon Steivan braucht eigentlich gar keinen Nachnamen, das ganze Engadin weiss, wer Jon Steivan ist, aber die Anrede mit Jon ist möglich. Johann-Otto stellt sich selbst als Johann vor – oder ist es jetzt Johann Martin? Bei Gian Linard ist die Anrede Gian möglich. Linard ist kein Nachname. Aber aufgepasst, Not Carl ist kein Doppelname. 
Ich wurde übrigens auf den Namen Bettina Olivia getauft. Es besteht also noch eine Chance, dass ich eines Tages tatsächlich so genannt werde. Dafür müssten allerdings erst ein Dutzend weitere Bettinas geboren werden.

Text: Bettina Gugger

PS

PS werden von den Redaktorinnen und Redaktoren der Engadiner Post / Posta Ladina geschrieben und erscheinen wöchentlich in der Samstagsausgabe der EP/PL.