01.08.2023 Anne-Marie Flammersfeld 3 min
Foto: TESSVM

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Eigentlich könnte man drüber lachen und sich elegant amüsieren, wie wir Menschen miteinander umgehen. Wie die ein und dieselbe Spezies im gleichen Moment vom friedlichen Velofahrer zum rechthaberischen Drachen wird. Oder wie die gemütliche Joggerin sich am liebsten quer über den Wanderweg legen möchte, um all den anderen Benutzern dieses Weges zu demonstrieren, dass sie hier das alleinige Recht zur Nutzung hat. Ich bin ja auch kein Unschuldslamm und möchte mich von solchen Szenen nicht freisprechen. Es passiert ja regelmässig im Sommer, dass die Wanderwege an ihre Grenzen kommen. E-Bikes, Mountainbikes, Gravelbikes, Normalebikes, Kindervelos, Kinder-E-Bikes, Dreiräder, Einräder, Hunde, Katzen, Mäuse, alte Menschen, junge Menschen, Kinder, Gruppen, Babywagen, Kinderwagen, Kutschen, Pferde und Ausserirdische teilen sich nun mal diese Wege. Dass sich diese unterschiedlichen Menschen, Tiere und Fortbewegungsmittel nicht immer gleich gut verstehen, ist logisch. Da helfen auch keine Schilder. Weil man die vor lauter Menschen- Gefährt- und Tieransammlungen gar nicht mehr sieht! Da helfen auch keine Klingeln, Glöckchen, Fanfaren, Lautsprecher oder laute Stimmen. Ein zaghaftes „Grüezi“ wird schnell zum „Ej, weg da, hier fahre/laufe/springe/ trampel/rolle ich“. Die, die ausweichen müssen, erschrecken sich zu Tode und laufen sich meist gegenseitig über den Haufen und die, die Platz haben wollen, fahren dann diesen Haufen über den Haufen, weil sie viel zu schnell und unkontrolliert mit ihrem Gefährt, Tier oder Mensch unterwegs sind. Es ist wirklich ein heilloses Durcheinander auf diesen Wegen! Am besten sind immer diese Paare, die den gesamten Weg für sich vereinnahmen und dann die Person auf der linken Seite auf die rechte Seite wechselt und die rechte Person auf die linke Seite wechselt, so dass man wieder im versperrenden Ausgangszustand angekommen ist und die Person, die eigentlich Platz haben wollte, weiterhin keinen Platz hat. Neulich ging es sogar soweit, dass ich erst von einer Gruppe 6-8jähriger Kinder auf Velos überholt wurde (ca. 10 Kinder im unterschiedlichen Tempo, so dass ich immer wieder zur Seite springen musste, weil die Schlange nicht aufhörte und die Kinder eben das Gleichgewicht noch nicht 100% halten können), dann überholte mich eine Gruppe E-Biker mit ca. 45 km/h. Diese Gruppe überholte wiederum die Kinder. Und da die Kinder eben hin und wieder einen unberechenbaren Schlenker in ihrem Fahrverhalten aufzeigen, scherrte hier und da ein Kind aus, so dass ein E-Biker eine Vollbremsung hinlegen musste. Und er schrie das Kind an! Vielleicht schrie er es an, weil er es auf sein „Fehlverfahren“ aufmerksam machen wollte, oder weil er sein eigenes Bike nicht unter Kontrolle hatte oder weil er dem Kind zeigen wollte, wer hier der Schnellere ist. Ich war mittendrin in diesem Szenario und schrie auch herum, ob denn alle verrückt geworden seien! Ich packte meine Ellenbogen aus und lief mitten durch diese ausser Kontrolle geratene Situation. Ich weiss es nicht, was eigentlich mit uns los ist. Sollte die schöne Landschaft nicht einen beruhigenden Effekt auf uns haben? Wir haben doch alles, was wir brauchen. Supermärkte, Hotels, Grillstellen, Friseure, Wellnesstempel, Bergbahnen, Elektrizität, fliessendes Wasser, Schwimmbäder, Kioske, usw. – warum sind wir denn ständig so gereizt, genervt, ausser Kontrolle, wollen überall schnell hinkommen, grüssen keine Mitmenschen mehr, sitzen auf der Parkbank und machen den anderen keinen Platz? Es ist wichtig sich bewusst zu machen, wie unser Verhalten andere beeinflusst und sich bewusst dafür einzusetzen, ein respektvolles und rücksichtvolles Miteinander zu fördern. Und deswegen: Es muss nicht gleich der rote Teppich für alle ausgerollt werden. Es sind die kleinen Gesten der Freundlichkeit, die den Unterschied machen! Mein Musiktipp: https://www.youtube.com/watch?v=

Anne-Marie Flammersfeld

Anne-Marie Flammersfeld ist Diplom-Sportwissenschaftlerin, Personal Trainerin und hat einen BSc. in Psychologie. Sie hält einige sportliche Rekorde. So konnte sie 2012 als erste Frau der Welt alle vier Rennen der «Racing the Planet 4 Deserts Serie» gewinnen und lief 1000 Kilometer durch die vier grössten Wüste der Welt. Sie ist in 8h32 auf den Kilimanjaro gelaufen und konnte den damaligen Weltrekord um gute drei Stunden verbessern. Am Nordpol war sie auch und ihr Streckenrekord steht immer noch bereit, um eingeholt zu werden. Die 1978 geborene deutsche Sportlerin arbeitet mit ihrem Unternehmen all mountain fitness in St. Moritz und dem Engadin. Als Personal Trainerin ist sie für alle da, die etwas Nachhilfe in Sachen Bewegung brauchen! Aber immer mit einem Augenzwinkern. Sie hält regelmässig Vorträge zu Themen aus den Bereichen Motivation, Begeisterung und Grenzen überwinden.
www.allmountainfitness.ch
annemarieflammersfeld.blogspot.com