09.09.2016 Ruth Spitzenpfeil 3 min
Wie Operndiven sind sie, die sieben 5-Sterne-Hotels des Oberengadin: Prachtvoll, kapriziös und eigenwillig.

Wie Operndiven sind sie, die sieben 5-Sterne-Hotels des Oberengadin: Prachtvoll, kapriziös und eigenwillig.

Auf die Idee für diesen Blogbeitrag hat mich das grosse Jubiläumsfest gebracht, welches das Badrutt's Palace am 29. Juli begangen hat. 120 Jahre ist in der Tat ein stolzes Alter und was soll's, dass man ja eigentlich eher die Vierteljahrhunderte feiert. Wenn es einen Anlass gibt, eine Party zu schmeissen, hat sich die glamouröseste der grossen alten Damen von St. Moritz noch nie lumpen lassen.
Das GeburtstagsfestWie es dem Stil des Hauses entspricht, wollte man zum Geburtstag natürlich etwas Besonderes bieten. Toll gelungen war, wie man der Historie die Referenz erwies. Die 
«Rondo Veneziano», eine Barock-Pop-Gruppe, die ihre besten Zeiten aber definitiv hinter sich hat. Ja, und das mit dem Ball klappte irgendwie auch nicht so richtig. Wie in der Schweiz halt so üblich, gab es nach dem üppigen Gala-Dîner und dem Konzert gegen Mitternacht niemanden mehr, der das Tanzbein schwingen wollte. Was später noch im Kings Club abging, entzieht sich allerdings meiner Kenntnis.
Das Hotel und seine DivaUnd nun komme ich auch zum eigentlichen Thema meines Blogs. Sieben Fünf-Sterne-Hotels hat des Oberengadin. Jedes ist auf seine Art und Weise grandios, eigenwillig und unverwechselbar. Es ist tatsächlich eine «Extravaganz der Kulturgeschichte», wie J. C. Heer geschrieben hat. Wo sonst gibt es ein solches Gastgeber-Niveau auf dieser Höhe und auf solch engem Raum?  Grand Hotels, das sind die Primadonnen unten den Beherbergungsbetrieben. Und so möchte ich unsere Top 7 nun charakterisieren – mit der dazu passenden Diva.
Badrutt's Palace – Maria CallasDas ist kein Hotel für Leisetreter. Hier wird dick aufgetragen, mit Leidenschaft agiert, und manchmal darf es auch ein bisschen frivol sein. Grosses Drama eben.
Suvretta House – Marlene DietrichEin Ort der Perfektion. Vornehm, edel, diskret – manchmal vielleicht ein bisschen unterkühlt. Aber ganz sicher eine Klasse für sich.
Kulm Hotel – Montserrat CaballeHier wird aus dem Vollen geschöpft. Es darf auch gern mal ein bisschen mehr sein. Berührungsängste hat man keine, auch nicht mit schrägen Typen. Schon immer eine Wucht, dieses Hotel.
Carlton – Cecilia BartoliErhaben im Auftritt, voll verspielter Lebensfreude im Innern. Ein Tessiner hat die Bühne üppigst ausgestattet. Grandezza mit Aussicht.
Kempinski – Anna NetrebkoMan liebt die grosse Geste, bleibt aber auf dem Teppich. Das Haus hat Stil ohne abzuheben. Hier fühlt sich die russische Seele ebenso wohl wie der Gast, für den es einfach funktionieren muss.
Kronenhof – Céline DionVerträumt und dynamisch, leichtfüssig und pompös – dieses Haus kann alles. Die künstlerische Substanz ist die schönste weit und breit. Doch es ist viel Disziplin, die hinter dem grossen internationale Erfolg steht. Zum Schwärmen.
Waldhaus Sils – Jenny LindGeliebt von Künstlern und Feingeistern, bezaubernd und entrückt. Wer hier logiert, taucht ein in eine andere Welt mit anderen Gewissheiten. Man fühlt sich sicher und behütet. Ein wahrer Zufluchtsort für empfindsame Seelen.

Ruth Spitzenpfeil

Pendlerin zwischen Zürich und dem Engadin, die ihr Büro nicht selten in der Rhätischen Bahn aufschlägt. Sie arbeitet seit 35 Jahren als Journalistin, davon die meiste Zeit bei der Neuen Zürcher Zeitung. Dort galt sie als die inoffizielle Engadin-Korrespondentin, hat unzählige Geschichten im Tal recherchiert und Filmbeiträge produziert. Bekannt wurde sie auch mit ihrem Video-Blog «In fremden Federn», einer Serie von witzig-kritischen Hoteltests.