04.08.2022 Valentina Baumann 3 min
Foto: shutterstock/Jorm S

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Neulich ist mir ein Gedanke gekommen, der mich seither ein bisschen verfolgt. Ich denke, manche Menschen gehen durch das Leben, vielleicht sehr zufrieden mit sich selbst, aber manchmal unwissend, wer sie wirklich sind. Die Erziehung, das Umfeld, Überzeugung und Glaube, Interessen und Fähigkeiten machen uns aus. Doch wie wichtig ist jeder dieser Punkte und wie würden wir uns von unserem jetzigen Ich unterscheiden, wenn einer davon anders wäre?Jeder Mensch trifft in seinem Leben auf Menschen, die einem neue Sichtweisen offenbaren und einen zum Nachdenken anregen, vielleicht sogar eine Veränderung im eigenen Lebensstil auslösen können. Doch was wäre, wenn wir diese gewissen Menschen nicht getroffen hätten? Wer wären wir dann geworden? Das gleiche gilt für unsere Interessen. Manche sehen sich als Sportler, andere als Musiker, Künstler, Leser, Reisende oder vielleicht Wissenschaftler. Doch was wäre, wenn wir uns als Kind für ein anderes Hobby entschieden hätten? Hätte das einen Einfluss auf unser Leben heute? Wer wäre Mozart gewesen, wenn er kein Klavier gespielt hätte? Wer wäre Kolumbus gewesen, wenn er Amerika nicht entdeckt hätte oder Shakespeare, wenn er Worte nicht so einfach und schön hätte auf Papier bringen können? Niemand? Oder vielleicht eine andere brillante Person?Während ich diesen Text verfasst habe, habe ich mir überlegt, wie anders unser Leben verlaufen würde, wenn jemand introvertiertes extrovertiert wäre. Was für interessante Menschen könnte man kennenlernen, wenn man manchmal keine Angst davor hätte, was Fremde über einen denken. Oder umgekehrt, wie viel weniger Herzschmerz würden man erleben, weil man nicht so offen gegenüber Fremden ist und lieber für sich bleibt? Was für Lektionen hätten wir verpasst?Dem einen oder anderen ist es bestimmt passiert, dass er durch ein zufälliges Ereignis entdeckt hat, welche Leidenschaft er hat und dann seine Berufswahl danach ausrichtet. Dies kann entscheiden, wie erfüllt das Leben ist, das man lebt. Liebt man seine Arbeit, braucht man nicht ständig Auszeiten davon oder freut sich nur auf zwei von sieben Tagen in der Woche. Vielleicht wäre man so viel glücklicher, wenn man an einem bestimmten Ort lebt, ein Ort, von dem man vielleicht nichts weiss, wenn man nicht dahin reist. Wie viele Menschen leben wohl an einem Ort, an dem sie sich nicht vollkommen zu Hause fühlen, nur weil sie Angst hatten, zu gehen?Und was mich zum Schluss noch sehr beschäftigt, ist die Frage, wie viele Menschen ihr Leben verschwenden, weil sie ihre Seele, ihren Lebensweg und sich selbst nicht vollkommen und bedingungslos lieben und manchmal wünschten, sie könnten etwas anderes oder wären jemanden anderes.

Valentina Baumann

Valentina Baumann ist 19 Jahre alt und in Celerina aufgewachsen. Im Sommer 2021 hat sie die Matura am Lyceum Alpinum in Zuoz gemacht und ist danach für sechs Monate in die redaktionelle Welt der Engadiner Post eingetaucht. Das neugewonnene Wissen hat sie an die Universität Zürich mitgenommen, wo sie Medienforschung studiert. Obwohl sie vieles, ihre beiden Katzen zum Beispiel, im Engadin zurücklassen muss, freut sie sich über Ballettaufführungen, riesige Universitätsbibliotheken, die Bücherwurmherzen höherschlagen lassen, Katzen-Kaffees, doppelstöckige Züge, Trenchcoat tragende Leute und alles Neue, was ihr die Grossstadt bieten kann.