07.06.2022 Valentina Baumann 2 min
Nur schon zwei Stunden am Tag am Handy und schon vergeht ein Zwölftel der Zeit. Das ist ein ganzer Monat jedes Jahr. Foto: Valentina Baumann

Nur schon zwei Stunden am Tag am Handy und schon vergeht ein Zwölftel der Zeit. Das ist ein ganzer Monat jedes Jahr. Foto: Valentina Baumann

Ich weiss nicht, ob das bei Ihnen der Fall ist, aber ich setzte mich ständig mit meinen guten und schlechten Angewohnheiten auseinander. Sie kennen das bestimmt, dass sie sich etwas vornehmen und sich wirklich Mühe geben, es einzuhalten, was auch immer es sei, aber irgendwie verwerfen sie die Mission irgendwann wieder. Dabei braucht es angeblich 21 Tage, um sich eine Gewohnheit anzueignen. Das heisst, wenn man etwas drei Wochen lang jeden Tag macht, geschieht es danach automatisch. Wie das Zähneputzen nach dem Frühstück zum Beispiel. Aber auch wenn man sich etwas abgewöhnen möchte, müsste man technisch gesehen nur drei Wochen lang durchhalten. Das, was mir immer wieder die Illusion raubt, ich hätte mein Leben ganz und gar im Griff, ist mein Handy. Und ich denke, ich spreche hier für einige, wenn ich sage, dass die sozialen Medien der Ursprung des ganzen Übels sind. Wie einfach ist es doch, sich auf das Sofa zu legen und sich stundenlang vom Sog der süchtig machenden Katzenvideos oder sonstigem Content auf Instagram etc. treiben zu lassen. In der Dokumentation «The Social Dilemma», die sollten Sie unbedingt schauen, wurde erklärt, dass Apps wie Instagram wie Spielautomaten funktionieren. Man erneuert die Seite, indem man nach unten wischt und wieder loslässt, so als würde man im Casino einen Knopf drücken oder einen Hebel ziehen, und es wird einem neuen Content angezeigt. Es reizt uns, nicht zu wissen, was als nächstes kommt und zu warten, was einem angezeigt wird. Und es erschreckt mich immer wieder am Ende der Woche, wenn ich ausrechen, wie viel Zeit ich dieses digitale Ding vergeudet habe. Und ich frage mich immer wieder, wieso man sich der Sucht, wenn man so will, einfach so hingibt. Mein verzweifelter Versuch, meine Instagram-Zeit zu begrenzen, war, die App von meinem Screen zu verbannen, sie also zu löschen. Und es hat wirklich funktioniert. Ich fühle mich von der Versuchung befreit und nutze meine Zeit für durchaus wichtigere Dinge. Es ist ein supertolles Gefühl, wenn einem von dem Handy angezeigt wird, dass man heute «nur» eine Stunde, statt dreieinhalb mit dem Smartphone verbracht hat. Das Blöde ist, nach einiger Zeit lade ich die App wieder herunter, oder aber ich ersetze Instagram mit Pinterest. Dabei rede ich mir aber ein, dass mir diese App nur der Inspiration dient, denn die Bilder auf Pinterest sind einfach so ästhetisch. Und was denken Sie, mache ich, um mich zu entspannen, nachdem ich diesen Text geschrieben habe? Ja, leider schon.

Valentina Baumann

Valentina Baumann ist 19 Jahre alt und in Celerina aufgewachsen. Im Sommer 2021 hat sie die Matura am Lyceum Alpinum in Zuoz gemacht und ist danach für sechs Monate in die redaktionelle Welt der Engadiner Post eingetaucht. Das neugewonnene Wissen hat sie an die Universität Zürich mitgenommen, wo sie Medienforschung studiert. Obwohl sie vieles, ihre beiden Katzen zum Beispiel, im Engadin zurücklassen muss, freut sie sich über Ballettaufführungen, riesige Universitätsbibliotheken, die Bücherwurmherzen höherschlagen lassen, Katzen-Kaffees, doppelstöckige Züge, Trenchcoat tragende Leute und alles Neue, was ihr die Grossstadt bieten kann.