22.07.2021 Redaktion Engadiner Post 3 min

Auch wenn ich mich hier wiederhole, muss ich nochmals auf das EM-Spiel zwischen Italien und der Schweizer Nationalmannschaft zu sprechen kommen. Ich kann immer noch nicht verstehen, wie Fussballer mit einem Schweizer Kreuz auf der Brust so lust- und ideenlos auftreten können. Die fehlende Leidenschaft hat mich masslos enttäuscht. Ganz anders sind hingegen die Italiener aufgetreten. Sogar beim Stand von 3:0 kämpften sie um jeden Ball, und ihr leidenschaftliches Auftreten war ansteckend. Die Italiener wurden schlussendlich verdient Europameister. Auch die Schweizer haben sich rehabilitiert und schlussendlich erstmals die Viertelfinals erreicht. Sie haben nach dem Italienspiel endlich mehr als das Nötigste getan und Einsatz und Willen gezeigt. Die Schweizer Nationalmannschaft hat doch noch das Publikum überzeugt. 

Bereits mehrmals habe ich in dieser Einführung das Wort Leidenschaft verwendet. Das ist auch das Schlüsselwort dieses Blogbeitrages. Ich bin nämlich überzeugt, dass auch Journalisten Leidenschaft für ihren Beruf haben sollten. Denn Journalismus ist kein Achteinhalb-Stunden-Job. Journalist zu sein, ist eine 24-Stunden-Aufgabe, und dieser Job kann nur mit Liebe zum Beruf und Hingabe bewältigt werden. Leider kenne ich genug Berufskollegen, die genau auf die geforderte Zeile ihren Text abliefern und der Tag danach journalistisch gelaufen ist. Sollte an diesem Tag ohne Vorwarnung die Welt untergehen, lassen sich diese Journalisten nicht mehr stören, und sie reissen sich definitiv kein Bein aus für ihren Job. Für sie dient die Arbeit lediglich der Finanzierung eigener Interessen. Ich hoffe schwer, dass sie wenigstens dort etwas leidenschaftlicher unterwegs sind. Aber mit dieser Einstellung kann ich mich nicht anfreunden. Entweder ist man Journalist, oder nicht. Das Handwerk kann man zwar lernen, die Passion muss man selber entwickeln. Und wer die Leidenschaft nicht mitbringt, wird mit dem Journalistenjob nicht glücklich und wird sich früher oder später eine neue Herausforderung suchen. Irgendein Bürojob, bei dem um 17.00 Uhr das Licht gelöscht wird. 

Für mich wäre das nichts. Ich liebe meinen Job und die tägliche Herausforderung. Es gibt keinen abwechslungsreicheren Beruf. Oder nennt mir einen anderen Beruf, wo man im schönsten Tal der Welt innerhalb von drei Tagen den Schweizer Aussenminister Ignazio Cassis bei einem Romanischkurs begleiten, mit dem Satiriker und Gesellschaftskritiker Jacques Guidon seinen 90. Geburtstag feiern und gleichzeitig den Zeichner, Sänger und Gründer der Rock-Rumantsch-Szene interviewen kann. Und was haben diese drei Persönlichkeiten gemeinsam? Sie setzen sich hingebungsvoll für ihre Sache und ihre Interessen ein. Dieser Einsatz begeistert. 

Und so wenige Tage vor der Premiere des "Musical a Scuol" soll jemand behaupten, dass die heutige Jugend keinen Einsatz zeigt und sich nicht begeistern lässt. Was Cinzia Regensburger und über 40 Jugendliche aus der Region in Eigenregie auf die Beine gestellt haben, ist beeindruckend und verdient Anerkennung. Die Musikleidenschaft und die Freude ist bereits in den ersten Proben spürbar. Die Organisatorin verspricht emotionsgeladene Vorführungen und vor allem: Leidenschaft. 

Leidenschaft heisst: Seinen Träumen folgen und den Glauben an den Erfolg nie zu verlieren. Es muss also innen etwas brennen, damit draussen etwas leuchten kann. Was will ich also damit sagen: Die Arbeit ist einfacher, wenn sie Spass macht und Freude bereitet. Dann ist man auch bereit, für seine Berufung einen besonderen Effort zu leisten. Und wer seinen Beruf liebt, lebt glücklicher und gesünder. 

Und wer meinen Äusserungen nicht zustimmen kann, soll nächste Woche das Musical in Scuol besuchen. Sie werden staunen, was mit Hingabe und Freude alles möglich ist. Blogbeitrag: Nicolo Bass, Redaktor EP/PL 

Ein "Amuse Bouche" der Vorbereitungen der Unterengadiner Jugend für das Musical in Scuol gibt es im folgenden Video:

Redaktion Engadiner Post

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