23.04.2021 Carla Sabato 2 min
Bild: Carla Sabato

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Ich sass gemütlich im Zug. Aber was heisst gemütlich, eigentlich eher beglückt. Auch wenn es nur um einen ausserkantonalen Termin ging, bei dem ich zwei Stunden Zufgahrt für einen Weg aufwenden musste, war das doch eine erwünschte Abwechslung zum Homeoffice. Als ich dann noch auf dem Rückweg einen Kaffee bei einer Restaurantkette meines Vertrauens erwarb, war ich in Höchststimmung. Bis ich mich selbst sah. Auf dem Kaffeebecher sah mich eine Illustration einer Frau an, mit langen Haaren, genervtem Blick und müden Augen mit einem Becher in der Hand. Darüber stand: "Ich bruch zerscht mol en Kafi!!"
Ich musste etwas schmunzeln, sie sah gerade so aus, wie ich mich zurzeit oft fühle. Nicht zuletzt durch die Fluten meiner Masterarbeits-Daten, welche immer wieder über mir zusammenschlagen und meinem Gehirn den letzten Rest Durchblick und Motivation rauben. Wenn ich also gerade wieder an so einem Tiefpunkt angelangt bin und mich schon als einzige meines Jahrgangs sehe, welche das Abschlusszeugnis nicht in der Hand halten wird, mache ich mir eine Tasse Kaffee und fühle mich ein bisschen besser. Auf den zweiten Blick auf den Pappbecher schoss mir aber noch etwas anderes durch den Kopf. Weshalb geht es eigentlich nicht ohne Kaffee? Und ist das überhaupt gesund? Ich fing an zu googeln. Und wer sich schon einmal in die Tiefen der Selbstdiagnose oder zumindest in den medizinischen Wissensschatz des Internets gewagt hat, der weiss, dass dies nur selten positive Ergebnisse mit sich bringt. Genauer gesagt, es könnte genauso gut die Eintrittskarte in eine emotionale Abwärtsspirale sein. Ich klickte mich also munter durch eine Reihe von Artikeln, welche abwechselnd zuerst die positiven, dann die negativen Effekte des Kaffeekonsums anpriesen, bis hin zu solchen, die sogar bestimmte Kaffeemaschinen mit gravierenden Krankheiten in Verbindung brachten. Ich sah auf. Ich befand mich immer noch im Zug.
Und könnte eigentlich schon wieder den nächsten Kaffee vertragen.

Carla Sabato

Carla Sabato ist Studentin, ehemalige Praktikantin bei der Engadiner Post, Hobbyfotografin (liebend gerne in der Dunkelkammer), stolze Vegetarierin, Yoga-Praktizierende, Verfechterin gemässigter Klimazonen, Frühaufsteherin, Hundehalterin, Pragmatikerin, schwarze Rollkragenpullover Trägerin, Teilzeit Existentialistin, Raus-aber-richtig-Frau, schlechte Autolenkerin und Möchtegern-Vancouverite.