20.10.2019 Anne-Marie Flammersfeld 3 min
Foto: shutterstock.com/fizkes

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Hätte mir jemand vor einem halben Jahr gesagt, dass ich mal regelmässig meditieren würde, dem hätte ich geantwortet: Ich tue es doch schon, indem ich täglich durch die Täler und auf die Berge renne und darin mein „Abschalten“ erfahre. Aber das ist ja etwas Anderes, als wirklich und allen Ernstes zu meditieren. Damals dachte ich immer, dass ich mir allein schon im „Meditationssitz“ die Bänder der Knie und Füsse überdehnen und mich vor unerträglichen Schmerzen auf nichts Anderes konzentrieren könnte. Meditieren muss aber eigentlich gar nichts. Von einer guten Freundin erhielt ich dann zufälligerweise einen Online-Link für eine 21-tägige Meditation gesendet. Es machte mich neugierig, und dieser Meditationsguru mit seinem lustigen Indisch-Englisch hörte sich ganz und gar nicht nach einem durchgeknallten Typen an, der die ganze Zeit nur „Ommmm“ vor sich hinbrummt. Ich muss auch gleich mal mein Vokabular entschuldigen. Meditation ist uralt und älter, und vor dem Alter sollte man ja immer Respekt haben. Meditation kommt übrigens aus dem Lateinischem und bedeutet soviel wie „nachdenken, nachsinnen, überlegen“ (lat.: meditatio). Obwohl diese Definition auch nicht ganz richtig sein kann, denn in der Meditation soll man ja gerade mal nicht nachdenken, studieren, grübeln, brüten, tüfteln, sinnen, basteln, hin-und herschieben oder beratschlagen. Man soll doch einfach mal abschalten, ausschalten, Ruhe geben, an Nichts denken. Geht das? Ist es wirklich möglich, mal eine Zeit lang an nichts zu denken? Da ich gerne in kaltes Wasser springe (nicht im Realen, sondern nur im Übertragenen, logisch!), bereite ich mich vor für meine dreiwöchige Reise ins Nirwana. Denn dort wollte ich hin, gedanklich, geistig, spirituell. Wenn schon, denn schon. Mit Meditationskissen und Wolldecke ausstaffiert machte ich es mir bequem. Und ja, ich wählte dafür nicht den Harakiri-Doppelten-Überkreuzschneidersitz, sondern setzte mich ganz bequem auf das Kissen. So sagte es zumindest mein Guru, von dem ich mich fortan guiden liess. Meditation kann man nämlich überall und in jeglicher Position durchführen, lernte ich in der ersten Session. Diese dauerte 21 Minuten. Als der Schlussgong ertönte, war ich fassungslos. Erstens, weil ich es geschafft hatte, mich in diesen für mich anfangs endlosen Minuten der Bewegungslosigkeit wirklich nicht zu bewegen und zweitens: es hatte tatsächlich funktioniert. Zwar nicht für 21 Minuten, aber für die fünf Minuten, in denen mein Guru mich aufforderte, über den „Satz des Tages“ nachzudenken. Nachdenken bedeutete in diesem Fall, dass immer, wenn meine Gedanken abhauen sollten, ich mit diesem Satz wieder in die volle Aufmerksamkeit im „Hier und Jetzt“ zurückfinden sollte. In den folgenden Wochen veränderte sich mein sonst so rastloses Hirn und Körper, und ich freute mich jeden Tag mehr auf diese besondere Erfahrung. Aber was genau veränderte sich? Es war nicht das Körperliche, sondern eher mein Blick auf die Dinge. Mit etwas mehr Gelassenheit lassen sich die grossen und kleinen Abenteuer im Leben anders, ja besser, bewältigen. Das Eintauchen in die eigene geistige Welt kann eine schöne Erfahrung sein. Das einzige, was man nicht machen sollte: Meditation im Internet suchen: Es gibt so viele Anbieter, die mit seichter Stimme, sphärischen Klängen oder Tiergeräuschen im Hintergrund das ultimative „Panta rhei“ vermitteln wollen, dass man sich lieber gleich ins Paradies beamen möchte, ohne diesen Gurus zuhören zu müssen. Aber eigentlich sollten Sie diese Recherche-Erfahrung auch mal durchmachen. Vielleicht ist ja für Sie genau das Richtige und Sie erfahren dadurch Erleuchtung. In diesem Sinne: ooooommmmmmmm…. Mein Musiktipp: https://www.youtube.com/watch?v=a29jzOHwwq0

Anne-Marie Flammersfeld

Anne-Marie Flammersfeld ist Diplom-Sportwissenschaftlerin, Personal Trainerin und hat einen BSc. in Psychologie. Sie hält einige sportliche Rekorde. So konnte sie 2012 als erste Frau der Welt alle vier Rennen der «Racing the Planet 4 Deserts Serie» gewinnen und lief 1000 Kilometer durch die vier grössten Wüste der Welt. Sie ist in 8h32 auf den Kilimanjaro gelaufen und konnte den damaligen Weltrekord um gute drei Stunden verbessern. Am Nordpol war sie auch und ihr Streckenrekord steht immer noch bereit, um eingeholt zu werden. Die 1978 geborene deutsche Sportlerin arbeitet mit ihrem Unternehmen all mountain fitness in St. Moritz und dem Engadin. Als Personal Trainerin ist sie für alle da, die etwas Nachhilfe in Sachen Bewegung brauchen! Aber immer mit einem Augenzwinkern. Sie hält regelmässig Vorträge zu Themen aus den Bereichen Motivation, Begeisterung und Grenzen überwinden.
www.allmountainfitness.ch
annemarieflammersfeld.blogspot.com