08.07.2019 Franco Furger 7 min

Neulich war ich einkaufen. Doch das Produkt, weshalb ich in den Supermarkt ging, habe ich nicht gekauft. Einmal mehr nicht. Ich rede von Abfallsäcken. Es sind diese Gebührensäcke. Um diese kaufen zu können, muss man die Kassiererin danach fragen – als ob es sich um etwas besonders Wertvolles, Seltenes oder gar Verbotenes handelte. Es sieht aus, als verkaufe die Verkäuferin etwas «unter dem Ladentisch», denn genau dort holt sie die rote Plastiksackrolle hervor, falls man sie danach fragt. Ich jedenfalls hatte vergessen, sie zu fragen. Und zu Hause ärgerte ich mich, weil mein letzter Müllsack schon bis zum Rand voll war. Warum nur stehen die roten Müllsackrollen nicht bei den anderen Haushaltsartikeln, fragte ich mich. Irgendwo zwischen Waschmittel-Aktionen, Toilettenpapier und Verpackungsdosen hätten sie gut Platz. Doch da lagen sie leider nicht. Als ich losging, hatte ich nur ein Produkt auf meiner imaginären Must-have-Liste; nach Hause kam ich mit allerlei Nice-to-have-Ware wie zum Beispiel einem Multipack Schoggistängeli mit 43 Prozent Rabatt. Haben Sie sich schon mal gefragt, warum es Schokolade und Waschmittel immer zum Aktionspreis gibt? 
Wie viel darf der Sack kosten?Wahrscheinlich gibt es Abfallsäcke nur auf Anfrage zu kaufen, weil deren Preis nicht der Detailhändler sondern die Abfallbewirtschaftungsorganisation festlegt. Im Engadin ist dies die Region Maloja, die für eine Rolle 35-Liter-Säcke 18 Franken verlangt. Pro Sack macht das 1.80 Franken. Ist das nun teuer oder billig? Natürlich ist der Plastiksack nur ein paar Rappen Wert, aber man bezahlt ja vor allem die Dienstleistung der fachgerechten Entsorgung. Und diese funktioniert bei uns tadellos. In anderen Ländern landet der Müll einfach im Strassengraben oder – falls plötzlich der Gebührensack eingeführt wird – nicht selten im Wald. In der Schweiz funktioniert das System, da wir es uns leisten können. Denn 1.80 Franken sind nicht viel, wenn ich mir gleichzeitig den Luxus leisten kann, überteuertes Bio-Gemüse zu kaufen.
Pressen, bis der Sack platztTrotzdem offenbart sich im Kehrichtsack der Geiz des Menschen wie nirgendwo sonst. Einen halbleeren Sack in das Häuschen zu stellen, geht gar nicht. Nur dekadente, ignorante oder dumme Menschen wie Klimaleugner oder Hedgefonds-Manager tun sowas. Anständige Menschen, ob Bünzli, Hippster oder Veganer, füllen ihren Sack und zwar richtig. Und manch ein Kurzaufenthalter, der das Tal mit einem halbleer deponierten Sack verlassen muss, geht mit einem schlechten Gefühl nach Hause. Dabei wird der Müll nicht weniger, wenn man ihn presst, bis der Sack platzt oder die Schnürung reisst. Sinnvoll wäre es ja, weniger Müll zu produzieren. Aber dies ist nicht so einfach, wenn die Ware umso aufwändiger verpackt ist, je biologischer oder hochwertiger sie scheint.
Wer recycelt, hat weniger im SackWir Schweizer sind ja angeblich Weltmeister im Recycling. Und aufgrund eigener Erfahrung habe ich einen Verdacht, warum dies so ist. Es ist nicht wegen unserer Liebe zur Umwelt, sondern wegen unseres Geizes. Denn alles, was wir kostenlos in Sammelcontainer werfen können, müssen wir nicht in teure Gebührensäcke stopfen. Es ist eine alte Weisheit, dass es im Portemonnaie weh tun muss, damit sich etwas ändert. Das Eigenartige ist nur, Gebührensäcke zu kaufen, bringt kaum jemanden in einen finanziellen Engpass. Vielleicht liegt es neben einem irrationalen Geizverhalten auch daran, dass die Leute vergessen, Kehrichtsäcke zu kaufen. So wie ich, der Müll in den schon vollen Sack drückt und mit Klebeband nachhelfen muss, damit nicht alles herausquillt. Ich möchte mich an dieser Stelle bei den Gemeindearbeitern entschuldigen, die meinen überfüllten Sack abführen mussten. Epilog: Da die Geschichte mit dem überfüllten Sack schon etwas länger her ist, spazierte ich mit einem halbleeren Sack zum Kehrichthäuschen, um das Foto für diesen Beitrag zu schiessen. Den halbleeren Sack danach stehen zu lassen, kostetet mich einiges an Überwindung. Aber ich tat es. Neulich war ich einkaufen. Doch das Produkt, weshalb ich in den Supermarkt trat, habe ich nicht gekauft. Einmal mehr nicht. Ich rede von Abfallsäcken. Es sind diese Gebührensäcke, und um diese kaufen zu können, muss man die Kassiererin danach fragen – als ob es sich um etwas besonders Wertvolles, Seltenes oder gar Verbotenes handelte. Es sieht aus, als verkaufte die Verkäuferin etwas «unter dem Ladentisch», denn genau dort holt sie die rote Plastiksackrolle hervor, falls man sie danach fragt. Ich jedenfalls hatte vergessen, sie zu fragen. Und zu Hause ärgerte ich mich, weil mein letzter Müllsack schon bis zum Rand voll war. Warum nur stehen die roten Müllsackrollen nicht bei den anderen Haushaltsartikeln, fragte ich mich. Irgendwo zwischen Waschmittel-Aktionen, Toilettenpapier und Verpackungsdosen hätten sie gut Platz. Doch da lagen sie leider nicht. Als ich losging, hatte ich nur ein Produkt auf meiner imaginären Must-have-Liste; nach Hause kam ich mit allerlei Nice-to-have-Ware wie zum Beispiel einem Multipack Schoggistängeli mit 43% Prozent Rabatt. Haben Sie sich schon mal gefragt, warum es Schokolade und Waschmittel immer zum Aktionspreis gibt? Wie viel darf der Sack kosten? Wahrscheinlich gibt es Abfallsäcke nur auf Anfrage zu kaufen, weil deren Preis nicht der Detailhändler, sondern die Abfallbewirtschaftungsorganisation festlegt. Im Engadin ist dies die Region Maloja, die für eine Rolle 35-Liter-Säcke 18 Franken verlangt. Pro Sack macht das 1,80 Franken. Ist das nun teuer oder billig? Natürlich ist der Plastiksack nur ein paar Rappen Wert, aber man bezahlt ja vor allem die Dienstleistung der fachgerechten Entsorgung. Und diese funktioniert bei uns tadellos. In anderen Ländern landet der Müll einfach im Strassengraben oder – falls plötzlich der Gebührensack eingeführt wird – nicht selten im Wald. In der Schweiz funktioniert das System, da wir es uns leisten können. Denn 1,80 Franken sind nicht viel, wenn ich mir gleichzeitig den Luxus leisten kann, überteuertes Bio-Gemüse zu kaufen. Pressen, bis der Sack platzt Trotzdem offenbart sich im Kehrichtsack der Geiz des Menschen wie nirgendwo sonst. Einen halbleeren Sack in das Häuschen zu stellen, geht gar nicht. Nur dekadente, ignorante oder dumme Menschen wie Klimaleugner oder Hedgefonds-Manager tun sowas. Anständige Menschen, ob Bünzli, Hippster oder Veganer, füllen ihren Sack und zwar richtig. Und manch ein Kurzaufenthalter, der das Tal mit einem halbleer deponierten Sack verlassen muss, geht mit einem schlechten Gefühl nach Hause. Dabei wird der Müll nicht weniger, wenn man ihn presst, bis der Sack platzt oder die Schnürung reisst. Sinnvoll wäre es ja, weniger Müll zu produzieren. Aber dies ist nicht so einfach, wenn die Ware umso aufwändiger verpackt ist, je biologischer oder hochwertiger sie scheint. Wer recycelt, hat weniger im Sack Wir Schweizer sind ja angeblich Weltmeister im Recycling. Und aufgrund eigener Erfahrung habe ich einen Verdacht, warum dies so ist. Es ist nicht wegen unserer Liebe zur Umwelt, sondern wegen unseres Geizes. Denn alles, was wir kostenlos in Sammelcontainer werfen können, müssen wir nicht in teure Gebührensäcke stopfen. Es ist eine alte Weisheit, dass es im Portemonnaie weh tun muss, damit sich etwas ändert. Das Eigenartige ist nur, Gebührensäcke zu kaufen, bringt kaum jemanden in einen finanziellen Engpass. Vielleicht liegt es auch daran, dass die Leute vergessen, Kehrichtsäcke zu kaufen. So wie ich, der Müll in den schon vollen Sack drückt und mit Klebeband nachhelfen muss, damit nicht alles herausquillt. Ich möchte mich an dieser Stelle bei den Gemeindearbeitern entschuldigen, die meinen überfüllten Sack abführen mussten. Epilog: Da die Geschichte mit dem überfüllten Sack schon etwas länger her ist, spazierte ich mit einem halbleeren Sack zum Kehrichthäuschen, um das Foto für diesen Beitrag zu schiessen. Den halbleeren Sack danach stehen zu lassen, kostetet mich einiges an Überwindung. Aber ich tat es. 

Franco Furger

Franco Furger ist in Pontresina aufgewachsen und hat am Lyceum Alpinum Zuoz die Matura absolviert. Danach tourte er als Profi-Snowboarder um die Welt und liess sich zum Journalisten ausbilden. Er arbeitete als Medienkoordinator bei Swiss Ski, Redaktor bei der Engadiner Post und World Cup Organisator bei der Corvatsch AG. Im Sommer 2017 bloggte Franco über seine Erlebnisse als «Chamanna Segantini-Hüttenbub». Die Liebe führte ihn dann in die Stadt Luzern, wo er die Sonne und die Bündner Berge vermisste. Nun lebt er als freischaffender Texter mit Frau und Sohn in Laax.