28.08.2018 Alexandra Wohlgensinger 2 min

«Du fährst aber auch nicht grad wie ein Mädchen.» Diesen Satz höre ich öfters. Oder noch besser: «Oh, ich dachte du seist ein Typ.» Nur weil ich schneller unterwegs bin, nicht zögerlich fahre und grosse Sprünge mit Style springe, soll ich kein Mädel sein? Newsflash, liebe «Normalos», ich bin keine Ausnahme. Da draussen gibt es einige Girls auf Bikes, die 90 Prozent der Männerschaft gewaltig in den Hintern treten – in Schnelligkeit, Technik, Sprüngen, was auch immer. Bei den Downhillrennen fahren wir Mädels genau die gleiche Strecke, wir springen genau die gleichen riesigen Sprünge wie die besten Downhillmänner der Welt. Aber trotzdem interessiert sich die Welt nur für die vielleicht vier Fahrerinnen, die von den Medien gezielt ausgewählt wurden. Die sind es wert. Bei den Männern hingegen kannst du trotzdem ein grosser Name sein, auch wenn du die Qualifikation für die Finale ab und zu nicht schaffst. Genau das gleiche gilt auch in anderen Sportarten. Wer wurde letztes Mal Weltmeister im Frauenfussball? Gibt es auch eine Tour de Suisse für Radrennfahrerinnen? Und wieso dürfen die Skifahrerinnen an der Weltmeisterschaft in St.Moritz nicht den gleichen Start wie die Männer bei der Abfahrt nehmen? Es gibt so viele Frauen, die unglaubliche Leistungen vollbringen, die bei der breiten Bevölkerung aber gar nicht ankommen. Die Crossfit-Ladies beispielsweise, stemmten dieses Jahr bei den Crossfit-Games anscheinend mehr Gewicht als dies die Männer bei den ersten Crossfit-Games vor 11 Jahren getan haben. Doch anstatt Bewunderung für diese Leistung aufzubringen, wenden diese Frauen dann schnell mal als Freaks abgestempelt. Oder noch schlimmer: «Das sind doch keine Frauen mehr.» Und solche Aussagen kommen dann meist nicht von irgendwelchen Macho-Typen, sondern oft von Frauen selber.

Wieso sind 83 Prozent meiner 2500 Followers auf Instagram männlich? Wieso bekomme ich oft eine Absage, wenn ich andere Frauen auf eine Velotour mitnehmen möchte? «Nein, du bis uns viel zu wild.» Sind Frauen von starken Frauen eingeschüchtert? Gerade im Bikebereich wird extrem Frauenmarketing betrieben. Und da werden praktisch nie die richtig tollen, schnellen Frauen mit unglaublich viel Talent gezeigt. Nein es sind die herzigen, mit den Zöpfchen, die zusammen gaaaanz viel Spass haben möchten, das farblich abgestimmte Dress zu ihrem Fahrrad tragen und sich nachher alle zusammen noch für ein bisschen Yoga und Standup-Paddeln treffen. Und danach auch unbedingt den obligaten Instabanger mit den entsprechenden Hashtags nicht vergessen. Liebe Ladies, kein Wunder bekommen wir nicht den gleichen Respekt wie die Männer!

Alexandra Wohlgensinger

«Riding bikes is my life! Du bist mit Deiner ganzen Aufmerksamkeit nur hier und genau in diesem Moment, in dieser einen Sekunde. Alles was gestern war oder später sein wird, ist völlig egal.»
Nachdem ich mir einen Traum erfüllt habe und zwei Jahre lang mit meinem Bike durch die Welt gereist bin, kam ich wieder zurück ins Engadin, um mich auf meine Rennkarriere zu fokussieren.
Letzte Saison hatte ich genügend Punkte um beim UCI Downhill Weltcup mitzufahren. Sich zum ersten Mal mit den besten Downhillerinnen der Welt war eine unglaubliche Erfahrung.
Um dieses Jahr im Weltcup voll durchzustarten und mich voll auf die Rennen konzentrieren zu können, habe ich meine Stelle als Redaktorin bei der Engadiner Post aufgegeben. Gemeinsam mit Katze «Luna» und meinem Freund, der mich als Mechaniker, Coach und «Männchen-für-alles» unersetzlich bei den Rennen unterstützt, lebe und trainiere ich in Sta. Maria im Val Müstair.
Und wenn wir mit unserem Van «Verity» nicht gerade an einem Rennen oder im Training irgendwo in Europa sind, dann findet man uns ziemlich sicher in unserer so-quasi Zweitheimat Neuseeland.